Markenarchitektur entwickeln: Der Leitfaden für B2B-Unternehmen

Jede zweite Markenstrategie scheitert in der Umsetzung, das zeigen wissenschaftliche Studien. Für mittelständische Unternehmen sind die Folgen dramatisch: Vertrauensverlust durch unklare Markensignale, unnötige Kosten und verpasste Expansion-Chancen. Erfolgreiche Unternehmen wie BMW, Nestlé oder DIEHL zeigen, wie es richtig geht. Diese Anleitung zeigt Ihnen anhand konkreter Erfolgsbeispiele, wie Sie die richtige Markenarchitektur entwickeln und Stolperfallen vermeiden und legt dabei einen Schwerpunkt auf mittelständische Unternehmen.
Die Unternehmensmarke: Alles unter einem Namen

Bei der Unternehmensmarke trägt jedes Produkt den gleichen Firmennamen. BMW ist das deutsche Paradebeispiel: Ob 3er Limousine, X5 SUV oder R1250 Motorrad, überall steht BMW im Fokus. Die Produkte erhalten zusätzliche Bezeichnungen, aber die Hauptmarke bleibt dominant sichtbar. Siemens verfolgt denselben Ansatz: Kühlschrank, Industriemotor oder Medizintechnik – alles unter der einheitlichen Siemens-Marke. Samsung zeigt die globale Wirkung: Smartphones, Fernseher und Halbleiter profitieren von der starken Hauptmarkenbekanntheit.
Vorteile: Geringe Führungskosten, einheitlicher Markenauftritt und maximale Synergien zwischen allen Produkten. Diese Strategie funktioniert bei klarer Kernkompetenz und ähnlichen Qualitätsversprechen. BMW steht für „Freude am Fahren“ – egal welches Produkt.
Herausforderung: Negative Ereignisse wirken sich auf die gesamte Marke aus. Völlig unterschiedliche Zielgruppen lassen sich schwer ansprechen, da die Markenidentität einheitlich bleiben muss.
Die Einzelmarkenstrategie: Jede Marke steht für sich

Das Gegenteil der Unternehmensmarke: Jedes Produkt wird zur eigenständigen Marke entwickelt. Unilever zeigt, wie diese Strategie funktioniert. Der niederländisch-britische Konzern führt über 400 Marken wie Dove, Knorr, Ben & Jerry’s, Axe und Lipton – alle mit völlig eigenständigen Auftritten und eigenen Markenwelten. Dass dahinter derselbe Konzern steht, wissen die wenigsten Verbraucher, was durchaus beabsichtigt ist. Dove positioniert sich als Marke für „wahre Schönheit“, Axe spricht junge Männer mit provokanten Kampagnen an, Ben & Jerry’s steht für soziales Engagement – komplett unterschiedliche Identitäten unter einem Konzernschild.
Diese Architektur ermöglicht maximale Flexibilität bei der Zielgruppenansprache. Dove kann sich vollständig auf natürliche Schönheit und Selbstakzeptanz konzentrieren, während Axe eine völlig andere, jugendliche Zielgruppe anspricht. Risiken streuen sich optimal, da Probleme einer Marke die anderen nicht beeinträchtigen. Nachteil: Enorme Kosten, da jede Marke eigene Produktentwicklung, Marketing-Kampagnen und Markenführung braucht.
Markenarchitekturen im B2B-Markt
Warum Einzelmarkenstrategien im B2B selten sind
Im B2B-Bereich sind reine Einzelmarkenstrategien extrem selten. Deutsche Unternehmen wie DIEHL, Würth oder Freudenberg setzen auf hybride oder Dachmarken-Ansätze. Der Grund: B2B-Kunden kaufen nicht nur Produkte, sondern Vertrauen, Referenzen und langfristige Partnerschaften. Sie wollen das Unternehmen hinter der Marke kennen. Zudem sind B2B-Märkte kleiner, die hohen Kosten separater Markenführung lassen sich schwer amortisieren. Cross-Selling zwischen Geschäftsbereichen und gemeinsame Vertriebskanäle sind im B2B entscheidende Erfolgsfaktoren, die bei getrennten Marken verloren gehen.
Ausnahme: Zugekaufte B2B-Einzelmarken
Einzelmarken im B2B entstehen meist durch Akquisitionen. Unternehmen kaufen etablierte Marken, die über Jahre Vertrauen in ihrem Branchensegment aufgebaut haben und einen eigenen loyalen Kundenstamm besitzen. Diese wertvollen Markenassets zu schwächen oder auszulöschen wäre wirtschaftlich unsinnig. Deshalb werden sie oft als Einzelmarken innerhalb einer ansonsten dachmarken-geführten Strategie weitergeführt.
DIEHL beispielsweise lässt die zugekaufte Marke „Junghans Feinwerktechnik“ als eigenständige Werkzeugmarke bestehen, obwohl der Konzern sonst eine klare Dachmarkenstrategie verfolgt. So profitieren Unternehmen von beiden Welten: etablierte Einzelmarken-Power plus Konzern-Synergien.
Die Dachmarkenstrategie: ABB zeigt, wie’s funktioniert

Die Dachmarkenstrategie vereint eine starke Hauptmarke mit mehreren eigenständigen Geschäftsbereichen. ABB aus der Schweiz demonstriert eindrucksvoll diese Architektur im internationalen B2B-Bereich. Der Technologiekonzern strukturiert sich klar in vier Geschäftsbereiche: ABB Electrification für Elektrifizierungslösungen, ABB Motion für Antriebstechnik, ABB Process Automation für Prozessautomatisierung und ABB Robotics & Discrete Automation für Industrieroboter.
Die Stärke zeigt sich in der internationalen Marktpräsenz: Weltweit steht immer die vertrauensvolle Dachmarke ABB im Vordergrund, während jeder Bereich seine spezifische Technologiekompetenz demonstriert. Industriekunden nutzen ABB-Antriebstechnik, ABB-Roboter und ABB-Automatisierungslösungen, alle verbinden sie automatisch mit schweizerischer Ingenieurskunst und Zuverlässigkeit.
Hybride Markenarchitekturen: Diehl zeigt Flexibilität

Viele erfolgreiche Unternehmen kombinieren verschiedene Ansätze je nach strategischen Erfordernissen. So agiert DIEHL aus Nürnberg mit einer hybriden Dachmarken-Plus-Strategie. Das Technologieunternehmen entwickelte seit 2003 eine klare Dachmarkenstruktur mit fünf Bereichen: DIEHL Metall, DIEHL Controls, DIEHL Defence, DIEHL Aviation und DIEHL Metering. DIEHL nutzt jedoch strategisch verschiedene Markenansätze: Während DIEHL Defence bewusst den Konzernbezug betont, operieren Bereiche die als etablierte Marken zugekauft wurden teilweise eigenständiger. Diese Flexibilität ermöglicht es, sowohl von der Dachmarken-Power als auch von spezialisierten Marktauftritten zu profitieren.
Markenarchitektur-Typen im direkten Vergleich
Unternehmensmarke vs. Einzelmarken vs. Dachmarke vs. hybride Marke: der Überblick
Unternehmensmarke (Hilti, TRUMPF, Festo, SAP)
- Vorteile: Einheitlicher Auftritt, starke Wiedererkennung, Synergien in Marke/Media/Design, leichter Portfolio-Transfer
- Nachteile: Geringe Abschirmung – Krisen wirken auf alle Angebote; weniger flexibel bei sehr heterogenen Märkten
- Ideal für: 1–5 eng verwandte Leistungen, Lösungs-/Servicegeschäft, B2B mit starkem Vertrauensfokus
Einzelmarkenstrategie (Unilever, P&G, Ferrero)
- Vorteile: Maximale Zielgruppen-Flexibilität, Risiko-Streuung
- Nachteile: Sehr hohe Kosten, kaum Synergien zwischen Marken
- Ideal für: Völlig unterschiedliche Zielgruppen/Kategorien und große Consumer-Märkte
Dachmarkenstrategie (ABB, Bosch, Siemens, 3M)
- Vorteile: Balance aus Einheit und Vielfalt, moderate Kosten
- Nachteile: Komplexere Führung, Abstimmungsaufwand zwischen Bereichen
- Ideal für: 3–7 verwandte, aber eigenständige Geschäftsbereiche
Hybride Ansätze (Würth, DIEHL, Google, Microsoft)
- Vorteile: Maximale strategische Flexibilität, situative Anpassung
- Nachteile: Erfordert höchste Managementkompetenz und klare Regeln
- Ideal für: Komplexe, diversifizierte Konzerne mit verschiedenen Märkten
Warum deutsche Mittelständler jetzt handeln müssen
Die Digitalisierung macht Markenverwirrung kritischer denn je. Online fällt unklare Markenführung sofort auf, Kunden springen schneller ab als früher. Ein Maschinenbauer, der parallel Schmidt GmbH“, „Schmidt Engineering“ und „SchmidtTech“ führt, verliert systematisch Kunden an strukturierte Wettbewerber. Internationale Expansion wird ohne eindeutige Markenarchitektur zum kostspieligen Abenteuer. Der Fachkräftemangel verstärkt die Bedeutung einer starken Arbeitgebermarke: Top-Talente entscheiden sich für Unternehmen mit professionellem Auftritt.
B2B-Kunden recherchieren heute intensiver. Wer kein klares Bild abgibt, verliert Aufträge. Die Corona-Pandemie hat digitale Geschäftsprozesse beschleunigt, wodurch unklare Markenführung noch schneller bestraft wird.
Schritt-für-Schritt zur erfolgreichen Markenarchitektur
Erfolgreiche Unternehmen gehen systematisch vor und lassen sich Zeit für die Entwicklung. Denn einmal festgelegt, sollte sie auf viele Jahre umsetzbar sein. Die erste Phase umfasst eine gründliche Bestandsaufnahme aller Markennamen, Logos, Websites und Touchpoints. Systematische Stakeholder-Befragungen zeigen, wie Kunden und Partner das Unternehmen wahrnehmen. Eine Benchmark-Analyse zeigt Wettbewerber-Strategien und Differenzierungschancen. Diese Analysephase sollte vier bis sechs Wochen dauern.
Die Strategieentwicklung beginnt mit der Auswahl des passenden Grundmodells: Unternehmen mit weniger als drei Geschäftsbereichen profitieren meist von der Unternehmensmarke, drei bis sieben verwandte Bereiche sind optimal für eine Dachmarkenstrategie. Völlig verschiedene Zielgruppen erfordern Einzelmarken oder hybride Ansätze. Zukunftsszenarien helfen bei der Bewertung der Struktur für die nächsten zehn Jahre.
Implementierungs-Checkliste: Die wichtigsten Erfolgsfaktoren
Analysephase
- Bestandsaufnahme aller Marken-Touchpoints dokumentieren
- Stakeholder-Befragungen durchführen (Kunden, Partner, Mitarbeiter)
- Wettbewerber-Benchmark erstellen und Best Practices identifizieren
- Markenwahrnehmung vs. Selbstbild analysieren
Strategieentwicklung
- Markenarchitektur-Typ basierend auf Geschäftsbereichen wählen
- Zielgruppen-Matrix erstellen und Überschneidungen identifizieren
- 10-Jahres-Szenarios für Wachstum und Akquisitionen entwickeln
- Budget-Rahmen definieren
Pilotphase
- Corporate Design-System entwickeln und testen
- Einen Geschäftsbereich als Pilotprojekt auswählen
- Mitarbeiter-Workshops zur Markenführung durchführen
- Erste Marktreaktionen messen und optimieren
Rollout-Phase
- Schrittweise Umsetzung in allen Bereichen
- Website-Relaunch mit einheitlicher Struktur
- Marketing-Materialien und Messeauftritte anpassen
- Erfolgsmessung durch KPIs (Markenbekanntheit, Conversion-Rate)
Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden
Der häufigste Fehler: Zu viele parallele Marken, die sich gegenseitig kannibalisieren. Eine Konzentration auf maximal fünf bis sieben Hauptbereiche schafft Klarheit. Inkonsistente visuelle Auftritte entstehen, wenn jede Abteilung eigene Designs entwickelt. Doppelte Markenarbeit verschwendet Budget: Jeder Bereich entwickelt eigene Messen und Websites, anstatt Synergien zu nutzen. Kurzsichtige Namensänderungen verwirren den Markt – erfolgreiche Markenarchitekturen werden mit 10-15 Jahren Perspektive geplant.
Mitarbeiter, die nicht verstehen, zu welchem Gesamtunternehmen sie gehören, können keine authentischen Markenbotschafter werden. Marktveränderungen erfordern kontinuierliche Anpassungen der Markenarchitektur.
Die Psychologie erfolgreicher Markenarchitekturen
Erfolgreiche Markenarchitekturen nutzen psychologische Prinzipien der Wahrnehmung. Das Gesetz der Prägnanz besagt: Menschen bevorzugen einfache, einheitliche Strukturen. BMW profitiert davon, Kunden müssen sich nur einen Markennamen merken. Das Halo-Effekt-Prinzip erklärt, warum DIEHL Aviation von der Qualitätswahrnehmung aller DIEHL-Bereiche profitiert. Positive Erfahrungen mit einem Bereich färben auf andere ab.
Kognitive Entlastung spielt eine zentrale Rolle: Klare Markenstrukturen reduzieren Entscheidungsstress bei Kunden. Siemens-Kunden wissen sofort, wofür die Marke steht – egal ob Zugantrieb oder Windkraftanlage. Vertrauenstransfer funktioniert besonders im B2B-Bereich: Ein Maschinenbauer, der erfolgreich Druckmaschinen verkauft, gewinnt leichter Kunden für Verpackungsmaschinen unter derselben Marke.
Internationale Expansion mit durchdachter Markenarchitektur
Deutsche Mittelständler unterschätzen oft die Bedeutung ihrer Markenarchitektur für internationale Märkte. In China oder den USA zählt Klarheit noch mehr als in Deutschland – ausländische Kunden haben weniger Geduld für komplizierte Markenstrukturen. DIEHL zeigt eindrucksvoll, wie eine einheitliche Dachmarke globale Expansion erleichtert: In jedem Land steht die vertraute DIEHL-Marke für deutsche Ingenieurskunst, während die Fachbereiche ihre jeweilige Expertise demonstrieren.
Kulturelle Anpassung ohne Markenverwirrung gelingt durch modulare Ansätze: Die Kernbotschaft bleibt gleich, lokale Anpassungen erfolgen in definierten Rahmen. McDonald’s zeigt dies perfekt – weltweit dieselbe Marke, aber lokale Speisen wie McRice in Indien oder Samurai Burger in Japan. Deutsche B2B-Unternehmen können ähnlich agieren: Einheitliche Qualitätsversprechen mit regionalen Service-Anpassungen.
Return on Investment: Konkrete Zahlen und Fakten
Eine professionelle Markenarchitektur reduziert Marketing-Kosten um 30–40 Prozent durch Synergien. Statt fünf kleine Produktstände reicht ein großer Unternehmensstand, Corporate Design reduziert Agenturkosten drastisch, und eine starke Hauptwebsite performt besser als viele schwache Einzelauftritte. Die Erfolgsquote bei Kundenakquise steigt um etwa 25 Prozent, da Kunden bei klarer Struktur schneller Vertrauen fassen.
Internationale Expansion gelingt schneller, da etablierte Marken neue Märkte leichter erschließen. Die Mitarbeiterfluktuation sinkt – professionelle Auftritte schaffen stolze Mitarbeiter, konzernweite Karrierewege werden möglich und starke Arbeitgebermarken ziehen Talente an.
Messbare Erfolge: BMW entwickelte sich im Lauf der Jahre von einer regionalen zu einer globalen Premium-Marke mit Milliarden Euro Umsatz. Siemens führt seit über 150 Jahren erfolgreich eine einheitliche Marke mit kontinuierlichem Umsatz. DIEHL zeigt seit der Neustrukturierung 2009 kontinuierliches Umsatz-Wachstum.
Digitale Transformation und Markenarchitektur
Die Digitalisierung stellt neue Anforderungen an Markenarchitekturen.
Omnichannel-Konsistenz wird kritisch: Kunden erwarten dieselbe Markenführung auf Website, Social Media, Apps und im persönlichen Kontakt. Inkonsistenzen fallen online sofort auf und werden in Bewertungen kritisiert.
SEO-Vorteile entstehen durch klare Markenstrukturen: Eine starke Hauptdomain mit logischen Unterbereichen rankt besser als viele schwache Einzeldomains.
Content-Marketing profitiert massiv von durchdachter Markenarchitektur. DIEHL kann Expertise aus allen Bereichen in einem Corporate Blog bündeln – Luftfahrt-Kompetenz stärkt das Vertrauen in Messtechnik-Lösungen. Social Media Management wird effizienter: Ein zentraler Auftritt mit Bereichs-Highlights statt fünf separater Accounts mit wenig Reichweite.
Datenanalyse wird präziser durch einheitliche Markenführung. Customer Journey Tracking funktioniert optimal, wenn Kunden nicht zwischen verschiedenen Marken-Websites wechseln müssen. Marketing Automation erreicht höhere Conversion-Raten bei klaren Markenstrukturen.
Fazit: Lernen Sie von den Erfolgreichen

Erfolgreiche Markenarchitektur ist kein Zufall, sondern das Ergebnis strategischer Planung und konsequenter Umsetzung. BMW, Nestlé, Siemens und DIEHL beweisen: Mit der richtigen Struktur schaffen Unternehmen Vertrauen, sparen Kosten und ermöglichen nachhaltiges Wachstum. Es gibt nicht die eine perfekte Lösung – entscheidend ist, dass Ihre Markenarchitektur zu Ihrem Unternehmen, Ihren Märkten und langfristigen Zielen passt.
Während Sie noch überlegen, bauen Ihre Wettbewerber bereits die Markenstrukturen der Zukunft auf. Starten Sie heute mit einer ehrlichen Bewertung Ihrer Situation, analysieren Sie erfolgreiche Unternehmen Ihrer Branche, definieren Sie Ihr Zielbild für 2030 und entwickeln Sie einen realistischen Umsetzungsplan. Die Investition in professionelle Markenarchitektur zahlt sich aus – die Beispiele zeigen es eindeutig. Eine professionelle Corporate Design Agentur kann eine langfristig gültige Markenarchitektur entwerfen und helfen, Fehler zu vermeiden.
Kostenloses Strategiegespräch: Ihre Markenarchitektur optimieren
Sie möchten wissen, wie gut Ihre aktuelle Markenstruktur aufgestellt ist? Lassen Sie uns einfach mal sprechen – wir schauen gemeinsam, welche Markenarchitektur für Ihr Unternehmen Sinn macht. Kurz anrufen (0711 6455014) oder schreiben.